Muster, die verbinden. Ein systemisches Handlungsmodell für die Praxis

Systemische Praxis: ein Begriff und viele Bedeutungen

Genau genommen ist die Bezeichnung „systemische Praxis“ irreführend, denn „die systemische Praxis“ gibt es nicht, stattdessen viele systemische Praxisfelder und viele systemische Praktiker. Die jeweiligen Kontexte nötigen dem einzelnen Praktiker beträchtliche Anpassungsleistungen ab, und das konkrete Tun entwickelt sich aus der gelernten Methode, der Person der Beraterin / Therapeutin, dem Kontext, den Klienten, den Problemstellungen, mit denen sie uns konfrontieren, den Rahmenbedingungen der Arbeit, den Kollegen, die systemisches Arbeiten begrüßen oder bekämpfen etc.

Wenn ich also die über systemische Praxis spreche, sollte ich die konkrete Praxis beschreiben, die mir die Perspektiven für meine Beschreibungen liefert, damit deutlich wird, aus welchem Grundverständnis heraus argumentiert wird.

My points of reference

1.     gelernt habe ich v.a. bei Carole Gammer, die sehr viele handlungsorientierte Methoden wie Enactment, Dramatisierung, Skulpturarbeit, konkrete Aufgaben etc. vermittelte (und dies auch heute noch tut: vgl. Gammer 2006).

2.     Neben, vor und nach der systemischen Ausbildung hatte ich Weiterbildungen in anderen Absätzen absolviert: klientenzentrierte Therapie, Kindertherapie, Hypnotherapie, Organisationsberatung, Verhaltenstherapie.

3.     In unserem Institut verfügen praktisch alle Lehrende und Supervisoren über eine ähnliche berufliche Vita: die neben der systemischen Therapie absolvierten Weiterbildungen reichen von psychodynamischen Ansätzen, Gruppenanalyse, Körpertherapie bis zu Psychodrama und Theaterpädagogik. Das erfordert und schult die fach- und berufsgruppenübergreifende Verständigung und bereichert enorm.

4.     Unsere Weiterbildungsteilnehmer kommen zu einer großen Anzahl aus sozialen Arbeitsfeldern wie der Jugendhilfe, der Sozialpsychiatrie, Selbsthilfebewegungen etc. Sie arbeiten mit Menschen in z.T. sehr schwierigen Kontexten und sind gefordert, immer wieder neu die „Hoffnung zu erfinden“ (Conen 2004) und die dafür passenden vielfältigen methodischen Zugänge zu entwickeln. Häufig sind dies nicht komplexe sprachliche Konstruktionen, sondern auch konkrete handlungsorientierte Interventionen.

Vor diesem Hintergrund war und ist mir die Aussage von Milton Erickson, man solle für jeden Patienten eine eigene Therapieschule gründen (dem Sinne nach, Gunter Schmidt 1994, mündl. Mitteilung) Bestätigung meiner Erfahrungen und Orientierungshilfe in meiner Arbeit.

Entwicklungen der systemischen Therapie

Ebenfalls vor diesem Hintergrund habe ich

Entwicklungen der systemischen Therapie

wahrgenommen und bewertet, die in der folgenden Tabelle skizziert sind.

Arbeit mit Emotionen

 

Arbeit auf kognitiver Ebene

Handlungsorientierte Interventionen

 

Sprachliche Interventionen

Direktive, strategische Interventionen Anleitung

 

Verstörung und autopoietische Neu-Organisation

begleitende Unterstützung über längeren Zeitraum

 

Kurzzeittherapie

Tabelle 1: Entwicklungstendenzen der systemischen Therapie, Erläuterungen im Text

1.     Virginia Satir u.a. haben sehr stark mit emotionalen Konzepten wie Selbstwert und Empathie gearbeitet. Mit der Entwicklung zur Kybernetik zweiter Ordnung kamen komplexe Theoriebildungen und  komplizierte Sprachformen in die systemische Theorie und Methodologie. Sprachgewitzt wurde die Arbeit mit Emotionen ironisch kommentiert („Horch was kommt von drinnen raus“: Simon & Weber 1989), wohl auch, um „die Exzesse der 1970er Jahre in Sachen Innerlichkeit und Selbsterfahrung zu überwinden“, und um „die systemische Gedankenwelt möglichst unverfremdet in die Therapie umzusetzen“ (Ludewig 2005, S.67).

2.     Es entwickelte sich, auch im Kontext narrativer und lösungsorientierter Ansätze eine weitgehend sprachliche Methodologie: erkundende, zirkuläre, vergleichende, lösungs- und zukunftsorientierte Fragen, Kommentieren, Reflektieren, Externalisieren, Dekonstruieren, etc. (vgl. Ludewig 2005, S. 110). „Es ging – und geht – in der modernen systemischen Therapie darum, welche Art von Sinn über Sprache erzeugt wird. Probleme werden als sprachliche Ereignisse einer sozialen Gruppierung beschrieben, als eine Art »sozialer Übereinkunft« (....) Therapie bedeutet, sich in die Beschreibungen von Klienten in ihren Systemen einzuklinken und  (....) in diese Beschreibungsmuster neue Elemente einzuführen. (von Schlippe, 1999; zitiert nach Bünder/Sirringhaus-Bünder 2005, S171).

3.     Direktive Ansätze (wie beispielsweise die strukturelle Arbeit von Minuchin oder strategische Ansätze) waren mehr und mehr verpönt, sie wurden von etlichen Fachkollegen als Ausdruck gewertet, dass man noch in der Kybernetik erster Ordnung hängen geblieben sei und offensichtlich (ein großer faux-pas) an die Instruierbarkeit von Systemen glaube (zu den Begrifflichkeiten vgl. u.a. Schlippe Schweitzer 1996, Simon 2006)

4.     Auf den Kongressen wurden Geschichten von erfolgreichen Therapien bei z.T. stark ausgeprägten Symptomatiken gehandelt, die mit maximal 3 bis 5 Sitzungen auskamen. Erfolgs- und Heldenstories prägten die belief-systems der systemischen Szene; wer länger brauchte, zweifelte an der eigenen Kompetenz oder behielt es häufig für sich. Dies waren maßgebende Bilder, mit denen z.B. Kolleginnen aus der Jugendhilfe konfrontiert waren, wenn sie eine systemische Weiterbildung machten und die sich natürlich fragten, was sie bei ihrer z.T.  langfristig angelegten Arbeit mit sehr desorganisierten Familien falsch machten.

Seit einigen Jahren beobachte ich, dass sich die geschilderten Entwicklungen teilweise umkehren und sich eine Vielfalt methodischer Handlungsansätze auch in der publizierten Fachöffentlichkeit breit macht. Ludewig (2005, S.67) spricht gar von einer „emotionalen Wende“. Dies wurde auch angeregt durch die beispiellos erfolgreiche Verbreitung systemischer Ansätze in sozialen Arbeitsfeldern und der dadurch notwendigen Neu- und Umkonstruktionen systemischer Handlungstheorien.

Mir scheint die Betonung kognitiver, sprachlicher Interventionen, die durch verstörende Impulse autopoietische Neuorganisation anregen, eine unnötige Verengung systemischer  Handlungsmöglichkeiten zu sein, die weder fachlich noch theoretisch begründbar ist. Ich möchte im folgenden ein Modell vorschlagen, das es erlaubt, verschiedene Interventionsebenen zu integrieren und das zum einen neurobiologisch begründet ist und auch eine Grundlage darstellen kann, neurobiologische Erkenntnisse nutzbringend in systemische Theoriebildung und Praxis zu integrieren.

Muster die verbinden

Menschen lernen

Menschen lernen, sie können gar nicht anders. Und sie tun dies ausgiebig schon vor der Geburt (vgl. Hüther/Krens 2005). Jeder Lernprozess verändert uns, auch auf einer körperlichen Ebene. Neben den muskulären Veränderungen (z.B. beim Erlernen einer Sportart) sind damit vor allem die neuronalen Veränderungen gemeint: Denn Lernen verändert die synaptischen Verbindungen, die Reaktionsbereitschaft von Neuronen, die Vernetzung in Form von neuronalen Schaltkreisen oder neuronalen Karten (Hüther 2001, Spitzer 2007). Piaget (1937) hat ähnliche Prozesse beschrieben und nannte die entstehenden inneren Substrate des Lernens sensomotorische Schemata, die vom Kind durch Erfahrungen aufgebaut und ggf. verändert werden. Er beschrieb zwei Prozesse des Lernens, die auftreten, wenn neue Erfahrungen nicht zu den bisherigen sensomotorischen Schemata passen. Durch Assimilation werden die Erfahrungen in die vorhandenen Schemata integriert, auch wenn sie etwas dafür angepasst werden müssen. (Wie Prokrustes, der seine Gäste durch Verlängerung oder Verkürzung in sein vorhandenes Bett anpasste). Wenn dies nicht mehr gelingt, weil die Inkonsistenz zu groß wird, werden Schemata verändert, in dem sie akkomodiert werden. Diese theoretische Formulierung ist sehr nah an den Beschreibungen von Kuhn für die wissenschaftliche Entwicklung, nach der neue Erkenntnisse an die bestehenden Theorien angepasst werden (manchmal durchaus mit mehr oder weniger sanfter Gewalt), bis das nicht mehr geht und ein Paradigmenwechsel stattfindet.

In einem Schema könnte das in etwa so dargestellt werden:

Abbildung 1: Lernprozesse beim Menschen / im psychisch-körperlichen System

In diesem Modell trenne ich Prozesse, die im Gehirn hochgradig vernetzt und fast zeitgleich stattfinden. Dies ist aus pragmatischen Gründen nützlich, v.a. wenn wir an die Konsequenzen für klinisches und sozialpädagogisches Handeln denken. Darüber hinaus sind den einzelnen Funktionsbereichen z. T. durchaus unterschiedliche Schaltkreise und Hirnareale zugeordnet. Die Relationen zwischen den einzelnen Funktionen und den neuronalen Karten oder Schemata sind als zirkulär zu verstehen: Zum einen verändert jede Erfahrung meine inneren Schemata, zum anderen beeinflussen meine inneren Schemata, was und wie ich überhaupt wahrnehme (z.B. durch Selektion), welche Bedeutung ich dem Wahrgenommenen gebe und wie ich es bewerte (durch Abgleich mit gespeicherten Vorerfahrungen, kognitiven Schemata, emotionalen Bewertungen), und wie ich handle (durch Abrufen von Handlungsmustern, mit denen ichin ähnlichen Situationen erfolgreich war).

Wie durch solche Prozesse innere Realität aufgebaut wird, wird in den Modellen des Konstruktivismus untersucht (Förster 1985, Glasersfeld 1998).

Systeme lernen

Auch soziale Systeme lernen, sie verändern (gelegentlich) ihre Organisationsmuster aus den Erfahrungen, die sie machen, oder (was häufiger geschieht) sie assimilieren ihre Erfahrungen an ihre grundlegenden Muster. Diese grundlegenden konstitutierenden Muster sind in der systemischen Theorie vielfach und vielfältig benannt worden. Zum Beispiel wurde insbesonders in dem von Gergen (z.B. 2002) begründeten Ansatz des „sozialen Konstruktionismus“ beschrieben, wie in sozialen Systemen durch Interaktionen Realität konstruiert wird.

Ich finde hier einen Blick in die Ethnographie und Organisationstheorie nützlich und aufschlussreich, in der diese Muster zusammenfassend als Kultur beschrieben werden. Der Begriff, ursprünglich entwickelt für die Beschreibung von Stämmen, Völkern, Gesellschaften, wurde recht bald auf Organisationen übertragen (Bateson 1999, Garfinkel 1967, Goffmann 1967, Schein 1985, Morgan 1986). Er beschreibt die Summe der geschriebenen und ungeschriebenen Werte und Normen in einem sozialen System. Diese

§       „bieten Unterscheidungskategorien für die Wahrnehmung (Worauf muss geachtet werden?)

§       bieten einen Deutungsrahmen für Zeichen und Symbole (was bedeutet was?)“ (Simon 1992 S. 130). Sie beeinflussen auch die Geschichtsschreibung und die Narrative des Systems (z.B. die Art der Geschichten oder Witze, die kursieren)

§       definieren die Bewertungssysteme, definieren Gratifikationen für erwünschtes und Sanktionen für unerwünschtes Verhalten

§       bieten Handlungsmuster, die nahe legen, wie in bestimmten Situationen gehandelt werden soll und engen so die Verhaltensvarianz ein.

Abbildung 2: Lernprozesse in sozialen Systemen / Lernen durch Kulturbildung

Damit ist die Analogie zu dem Lernen eines Menschen, die Analogie von sozialem und psychisch/körperlichem System deutlich. Beim Menschen werden die Schemata in neuronalen Karten gebahnt, bei sozialen Systemen wird Kultur durch Interaktionen, Verhaltenserwartungen, Glaubenssysteme konstruiert. Ähnlich wie im menschlichen Gehirn bei Gefahren oder erfolgreichen Erlebnissen neuronale Bahnungen gestärkt oder neu angelegt werden (neuronale Plastizität), so wird die Verhaltenskoordinierung und Kulturentwicklung in sozialen Systemen häufig durch bedrohliche Situationen oder erfolgreiche Interaktionssequenzen getriggert.

Beispielsweise kann der Kulturbegriff auf eine harmonisierende, konfliktscheue Familie (oder Organisation) angewandt werden: es erschließt sich, wie eine konsistente Kultur erzeugt wird

§       durch eine bestimmte Wahrnehmung des Umfelds („Gottseidank verstehen wir uns so gut, es ist soviel Streit in der Welt“) und der eigenen Beziehungen (Konflikthafte Themen sind tabuisiert, Konfliktsignale werden übersehen oder heruntergespielt),

§       durch Bedeutungsgebung („Aggression ist Ausdruck von Unreife“),

§       durch Bewertung (Wut, Abgrenzung und Ärgerausdruck werden sanktioniert, fürsorgliches Verhalten gratifiziert und als Vorbild gehandelt) und

§       durch Verhaltenssteuerung (häufige Rituale der Harmonie, des Miteinanders, übertriebene Freundlichkeit).

Die entstandene Kultur wiederum wirkt zirkulär auf die Prozesse: Wahrnehmen, Erklären, Bewerten, Handeln zurück. Ähnlich wie bei den Schemata des psychischen Systems von Menschen sichern diese kulturellen Muster das Überleben und die Stabilität von Systemen und sind entsprechend langlebig und häufig veränderungsresistent.

Ein Modell für die Praxis

Wenn das psychische/körperliche System eines Menschen und das soziale System wechselseitig als Umwelten (das eine jeweils für das andere, Simon 2006, S. 89) gesehen werden, wird die strukturelle Kopplung der beiden beschriebenen Lernprozesse darstellbar.

Abb. 3: Kopplung der Lernprozesse in psychisch-körperlichen und sozialen Systemen

Die liegende Acht, die Lemniskate beschreibt modellhaft die wechselseitig aufeinander bezogenen Abläufe von Beeinflussungs- und damit Lernmustern. Gegebenheiten des sozialen Systems werden vom Menschen (nach Maßgabe der bisherig gebildeten Schemata, also selektiv) wahrgenommen, erklärt, bewertet und in Handlung übersetzt. Diese wird wiederum vom System (nach Maßgabe seiner kulturellen Prägung, also selektiv) wahrgenommen, ihr wird Sinn und Bedeutung zugeschrieben, sie wird bewertet und mit Handlungen beantwortet. Dies geschieht in einem kontinuierlichen Prozess, solange die beiden Systeme miteinander gekoppelt, also in Kontakt sind. Es findet ein koevolutiver Prozess der Strukturbildung statt, in dem in jedem System Information über das jeweils andere entsteht und die beiden Systeme sich miteinander entwickeln und sich gegenseitig stabilisieren.

Veränderung entsteht, wenn nun eines der Systeme verstörende Inputs für das andere bereithält. (z.B. von einer Therapeutin oder einem Sozialpädagogen gegenüber eine Familie oder Jugendgang). Das vorgeschlagene Modell legt nahe, dass an allen 8 Prozessen für eine Veränderungsarbeit angesetzt werden kann. Als Beispiel sei die Arbeit mit einem dissozialen Jugendlichen beschrieben.

§       Ich kann daran arbeiten, wie er bestimmte provokante oder verführerische Situationen wahrnimmt (Perzeption)

§       Ich kann beeinflussen, wie er sein Verhalten erklärt, welchem Sinn er ihm zuschreibt, kann mit ihm über seine Ziele sprechen. (Kognition)

§       Ich kann auf emotionaler Ebene intervenieren, Verständnis und Empathie zeigen und mit ihm erkunden, wie es ihm mit seinem bisherigen Leben geht und was ihm wichtig für die Zukunft ist. (Emotion) 

§       Ich kann mit ihm Verhaltensschritte einüben für bestimmte Lebensbereiche, kleine Erfolgserlebnisse feiern und sein Verhaltensrepertoire entwickeln. (Aktion)

Analog kann ich mit den relevanten Umwelten, also Familie, Freundesclique, Schulklasse arbeiten, um auch hier Veränderungsimpulse zu setzen, die sich auf den Jugendlichen auswirken werden. Aus meiner Sicht kann damit die Verengung der systemischen Therapie und Beratung auf vorwiegend kognitive Ansätze überwunden werden, bzw. das, was in der Praxis häufig schon längst vollzogen ist, theoretisch abgebildet werden. Es folgt überhaupt nicht notwendig aus einer systemischen Theorie, die von Kommunikativer Kopplung und Autopoiese ausgeht, dass die veränderungswirksame Intervention nur sprachlich-kommunikativ daherkommen kann. Jede Art von Intervention, auch eine direktive Anweisung, kann Verstörung, Veränderung anstoßen. Damit öffnen wir uns auch den Erkenntnissen anderer fachlicher Richtungen und können beispielsweise verhaltenstherapeutische, psychodramatische oder tiefenpsychologische Methoden widerspruchsfrei integrieren, unter der Voraussetzung, dass wir

§       von einem kontext- und systemorientierten Störungsverständnis ausgehen.

§       eine systemorientierte Theorie der Veränderung zugrund legen.

§       bei jedem Schritt relevante Kontexte virtuell (durch Visualisierungen oder Symbolskulpturen) oder real einbeziehen und immer die zirkulären Wechsel-Wirkungen bei Veränderungen zwischen Person und Umfeld mit bedenken

§       als wichtigstes Kriterium die Passung von Methode und Klient(ensystem) beachten.

§       Ggenau und kritisch beobachten, was wirkt und mit welchen Angeboten sich Menschen und Systeme zu Veränderungen einladen lassen und auf Veränderungen einlassen.

Was uns von anderen therapeutischen Richtungen unterscheidet, und das ist ein großes Pfund: wir haben sowohl theoretisch als auch praktisch seit Jahrzehnten die Kopplung individueller und sozialer Prozesse untersucht und in eine wirksame Methodologie übersetzt. Dass dies vom Markt wahrgenommen wird, zeigt sich u.a. auch daran, dass in Feldern, in denen die Beachtung des Kontextes von hilfebedürftigen Menschen besonders wichtig und erfolgskritisch ist (z.B. in der Jugendhilfe), systemische Arbeit eine beispiellose Verbreitung gefunden hat. Spannend ist in diesem Zusammenhang, dass auch andere Autoren unter dem Eindruck neurobiologischer Erkenntnisse vermehrt den Einbezug von Kontextpersonen in die Therapie für nötig erachten. Für die effektive Neubahnung von Erlebens- und Verhaltensmustern sind eine Vielzahl von Wiederholungen oder Übungsdurchläufen nötig, dies kann oft nur dadurch sichergestellt werden, wenn das Umfeld miteinbezogen wird und im sozialen System Kommunikation so angeregt wird, dass neue Muster erlaubt sind, Platz haben und aktiv geübt werden. (Grawe 2004, S32f)