Scheinselbstständigkeit betrifft jetzt auch Jugendämter / Jugendhilfe

DGSF-Mitglieder berichten, dass mittlerweile auch Jugendämter ihre externen Supervisor:innen, aufgrund der Statusfeststellung der DRV, in Festanstellung nehmen sollen. Und das, obwohl Supervision in diesen Fällen als externe Dienstleistung erfolgt.

Wie bereits berichtet, gefährdet die Deutsche Rentenversicherung Bund (DRV) berufliche Weiterbildungen. Sie stellt immer häufiger eine so genannte Scheinselbstständigkeit bei Lehrenden fest, also abhängige Beschäftigung statt Selbstständigkeit. Honorartätigkeiten können aber in vielen Fällen nicht durch Festanstellungen ersetzt werden.  Anbieter der beruflichen Bildung wie Weiterbildungsinstitute, müssen in ihren Weiterbildungsangeboten eine Vielfalt von fachlichen Expertisen bereitstellen, die angestellte Lehrende nicht alle erbringen können. Die Qualität der beruflichen Bildung, hängt dabei in weiten Teilen von einer flexiblen und heterogenen Bildungslandschaft ab, die von der DRV gerade zerstört wird.

DGSF-Mitglieder berichten, dass mittlerweile auch Jugendämter ihre externen Supervisor:innen, aufgrund der Statusfeststellung der DRV, in Festanstellung nehmen sollen. Und das, obwohl Supervision in diesen Fällen als externe Dienstleistung erfolgt. Prominentes Beispiel ist das Jugendamt der Stadt Stuttgart, bei dem die Vorgehensweise der DRV verifiziert wurde. Dabei gibt es bei externer Supervision weder Weisungen durch den Auftraggeber noch eine Eingliederung in die Organisation, was nach den §§ 7, 7a SGB IV bei Beschäftigung aber notwendig wäre. Die DRV beruft sich zwar auf ein Urteil des Bundessozialgerichts („Herrenberg-Urteil“), geht in ihrem Verwaltungsverfahren in ihrer Auslegung aber weit darüber hinaus.

Jugendämter sind nach § 72 Abs. 3 SGB VIII verpflichtet ihren Mitarbeitenden Praxisberatung zur Verfügung zu stellen. Die Fälle sollten dabei möglichst unabhängig supervidiert werden. Diese Pflicht wird nun durch die Vorgehensweise der DRV gefährdet, da hoch qualifizierte Supervisor:innen, die diese Praxisberatung anbieten, in der Regel keine Angestelltenverhältnisse auf Tariflohnniveau eingehen. Hinzu kommt, dass auch die Bürokratie unzähliger Festanstellungen meist nicht realisierbar ist. Die Qualität im psychosozialen Feld und Gesundheitsbereich leidet damit zusätzlich zum Fachkräftemangel.

Im Koalitionsvertrag 2025 wurde die Reform des Statusfeststellungsverfahrens zwar angekündigt, allerdings ist vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) bislang keine Reform auf den Weg gebracht worden. Und das, obwohl der Bundestag im Februar 2025 mit § 127 SGB IV eine Übergangsregelung erlassen hat, die bereits am 31.12.2026 ausläuft. Selbst der Bundesrat mahnt dringend eine Änderung an, während das BMAS sich Zeit lässt.

Druck auf Bundestag und Ministerium notwendig:

Bei dieser massiven Bedrohung der Qualität in der beruflichen Bildung und der Kinder- und Jugendhilfe bezüglich Supervision und Weiterbildungen, sollten die Entscheider in Bundestag und Ministerien auf diese unhaltbare Situation aufmerksam gemacht werden.

Jede Stimme hilft!

DGSF-Mitglieder sollten sich an ihre Bundestagsabgeordneten vor Ort wenden und auf die Problematik hinweisen. Hier sollten vor allem die Abgeordneten der Regierungsparteien CDU/CSU und SPD, z. B. per Mail oder in Briefform, angesprochen werden, aber auch das BMAS:

https://www.bundestag.de/abgeordnete

https://www.bmas.de

Sinnvoll ist es in einem Schreiben mit eigenen Worten zu formulieren, was einem selbst an der Thematik „Statusfeststellungsverfahren“ wichtig ist und zu fordern, dass die angekündigte Reform unverzüglich und umfassend umgesetzt wird.

Erfahrungsgemäß ist es hilfreich zeitnah um eine Antwort zu bitten und wenn möglich in einen konstruktiven Dialog mit den Adressaten einzutreten. So haben die Volksvertreter und Beamten in den Ministerien die Gelegenheit die Problematik aus der Praxisperspektive heraus zu verstehen und können auf dieser Basis passende Alternativen entwickeln.

Der DGfB-/DGSF-Beauftragte für bildungspolitische Fragen, Dr. Joachim Wenzel, hat zur Thematik ein Papier verfasst, das aufzeigt, dass die Feststellungspraxis der DRV regelmäßig verfassungsrechtswidrig ist und Freiheitsrechte verletzt, die durch das Grundgesetz geschützt werden:

Joachim Wenzel (2025): Grundrechte Selbstständiger angemessen schützen:

Auf diese PDF kann in den Schreiben an Bundestagsabgeordnete und Ministerium verwiesen werden. Es kann bei E-Mails auch als Anhang mitgesendet werden.

Weiterführende Informationen: https://www.vgsd.de/themen/scheinselbststaendigkeit

(jw)