Fachgruppe Synergetik, Neurowissenschaften und systemische Praxis

Die Fachgruppe Synergetik, Neurowissenschaften und systemische Praxis ist entstanden aus der Fusion der beiden Fachgruppen "Prozessmonitoring – Feedback – Evaluation systemischer Therapie und Beratung" sowie "Neurobiologie und systemische Praxis".

Termine

Gerne möchten wir auf das nächste SNS-Intervisionstreffen/Fachgruppentreffen der DGSF-Fachgruppe am 05. November 2024 zum Erfahrungsaustausch, der Information zum Thema Prozessmonitoring und -feedback sowie der Diskussion von laufenden und geplanten Praxis- und Forschungsprojekten aufmerksam machen.

Die Teilnahme ist kostenfrei.

Anmeldungen bitte an: rieke.oelkers-ax@fatz-neckargemuend.de

Tätigkeitsbericht der Fachgruppe

Die Fachgruppe ist eine sehr aktive, „arbeitende“ Fachgruppe, d. h. es werden verschiedene Forschungs- und Praxisprojekte realisiert. Ein aktuelles Beispiel ist die Implementierung des Synergetischen Navigationssystems (SNS) und des Synergetischen Prozessmanagements (SPM) in Versorgungseinrichtungen (z.B. in den Südtiroler Sanitätsbetrieben Bozen, SABES), der Ameos Rehabilitationsklinik für Psychosomatik (Simbach am Inn) und am PraxisInstitut Süd (Hanau du Mainz). An diesen und anderen Standorten wurden Aus- und Weiterbildungen durchgeführt.

Ein gut besuchter Fachtag des Instituts für Systemische Beratung, Therapie und Supervision fand in Präsenz zum Thema "Systemische Psychotherapie: Wie können wir mit Unvorhersehbarkeit und Komplexität umgehen?" am 16. April im Forum Pallotti in Vallendar bei Koblenz statt (Organisation: Frank Steffens). Die Fachtage unserer Fachgruppe finden zweimal im Jahr als SNS-Intervisionstag statt, zu dem SNS-Nutzer aus verschiedenen Einrichtungen und Praxen, aber auch alle am Thema Interessierten eingeladen sind. Im Juni 2023 haben wir einen größeren Kongress zum Thema „Prozessmonitoring und Prozessfeedback in Therapie, Beratung und Teamentwicklung“ an der Paracelsus Medizinuniversität (PMU) Salzburg durchgeführt (s. den Bericht hierzu in der Familiendynamik, 49, Heft 3).

Seit einigen Jahren werden systemische Methoden wie Ressourceninterview, idiographische Systemmodellierung und Prozessfeedback in der Supervision eingesetzt, d.h. Therapeut*innen in Approbationsausbildung an der Psychologischen Hochschule Berlin stellen ihre Therapiefälle im Rahmen der Supervision vor (Supervisoren: S. Kipp, G. Schiepek). Fertig gestellt wurde der neue Herausgeberband mit dem Titel Systemische Fallkonzeption – Idiographische Systemmodellierung und personalisierte Prozessbegleitung, der im Herbst 2024 bei Hogrefe erscheinen wird (Vorwort: Sebastian Baumann und Enno Hermans).

Die empirischen und methodischen Projekte der Fachgruppe finden in Kooperation mit dem Institut für Synergetik und Psychotherapieforschung der PMU Salzburg statt. Abgeschlossen wurde eine online-Nutzerbefragung (Therapeuten und Klienten) zur Arbeit und zu den Erfahrungen mit dem SNS im Rahmen des Promotionsprojekts von Yvonne Hülsner und befindet sich in Auswertung. Internationale Publikationen hierzu befinden sich in Vorbereitung. Noch am Laufen ist eine randomisierte, kontrollierte Vergleichsstudie, die einen hypnosystemischen Therapieansatz (Autosystemhypnose) mit zusätzlichem SPM vergleicht. Wie es sich für eine Fachgruppe gehört, die im Namen den Titel „Neurowissenschaft“ trägt, läuft auch eine EEG-Studie zum Thema „Neurokonnektivität bei Depression“, die als Kooperationsprojekt zwischen der Universitätsklinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik der PMU Salzburg und dem Lehrstuhl für Klinische Psychologie der Universität Innsbruck (Prof. Dr. Anna Buchheim und Mitarbeiter) durchgeführt wird. Die Studie befindet sich in der Phase der Datenauswertung.

Derzeit wird das SNS in Form eines modularen Systems in verschiedenen Programmiersprachen am Center for Complex Systems neu entwickelt. Hierfür wird auch der Pattern Transition Detection Algorithm zur Identifikation von Musterübergängen in Prozessen optimiert, unter Berücksichtigung von Tagebuchdaten (Natural Language Processing) und mit Nutzung von Machine Learning und Künstlicher Intelligenz. Das SNS wird im Rahmen der Neuentwicklung auch ein Decision Support Tool erhalten, das auf Basis der bestehenden systemischen Theorie von Veränderungsprozessen und von KI die (Kurzfrist-)Effekte von geplanten Interventionen simulieren kann und damit zu einer Nutzen- bzw. Risikoabschätzung des geplanten therapeutischen Vorgehens beitragen soll. Thematisch haben wir uns schließlich an ein neues und vielversprechendes Thema herangetraut, nämlich den Leistungssport, konkret zur Identifikation von Frühwarnindikatoren für Sportverletzungen.

Günter Schiepek, Rieke Oelkers-Ax und Rainer Schwing

Kontakt zur Fachgruppe

Sprecher*innen: Rieke Oelkers-Ax, Günter Schiepek und Rainer Schwing
Mail: fachgruppe-snsp|at|dgsf.org

Fusion zweier Fachgruppen - „Synergetik, Neurowissenschaften und systemische Praxis – Komplexe Systeme“

Im Jahr 2020 haben wir (Günter Schiepek, Rieke Oelkers-Ax und Rainer Schwing) mehrere Gespräche geführt über eine Zusammenführung der beiden Fachgruppen "Neurobiologie und systemische Praxis“ und „Prozessmonitoring – Feedback – Evaluation systemischer Therapie und Beratung“. Seit November 2020 ist es konkret und beide Fachgruppen sind fusioniert in eine neue Fachgruppe „Synergetik, Neurowissenschaften und systemische Praxis – Komplexe Systeme“.

Wir interessieren uns für therapeutisch relevante Befunde der Neurowissenschaften, bereiten diese praxisrelevant auf und beteiligen uns auch aktiv an der psychologischen und neurobiologischen Erforschung psychotherapeutischer Prozesse. „Systemisch“ bedeutet für uns, neuronale Prozesse in einem bio-psycho-sozialen Gesamtzusammenhang zu sehen und das Gehirn als komplexes, dynamisches System zu verstehen.

Wir möchten Bewusstsein schaffen für die Eigenarten komplexer Systeme und deren Dynamik, was für ein Verständnis von Veränderungsprozessen in Therapie, Beratung und Organisationsentwicklung unabdingbar ist und auch für die Praxis vielfältige Perspektiven eröffnet. Gehirne und menschliche Verhaltensmuster können ebenso als komplexe Systeme modelliert werden wie Familien, Teams und Organisationen, oder noch weitergedacht: Mensch-Umwelt-Systeme (natürliche Umwelten, gestaltete Umwelten, etc.). Das Verständnis dafür hilft uns in der Praxis, in diesen Systemen Selbstorganisationsprozesse anzuregen.

Wir möchten den transdisziplinären Dialog mit anderen komplexitätsorientierten Wissenschaftsbereichen fördern, durch Tagungen, internationale Forschungskooperationen, Summer Schools, Publikationen, Fachtage und Vorträge. In Kooperation mit der Fachgruppe finden auch Kongresse, Methodenworkshops und Trainingsprogramme statt.

Wir möchten die Anwendung der Wissenschaft komplexer Systeme, insbesondere der Synergetik und des Synergetischen Navigationssystems (SNS) in Therapie, Beratung, soziale Arbeit, Jugendhilfe, Coaching und Organisationsberatung unterstützen. In all diesen Bereichen nutzen viele Fachleute bereits das SNS für Verlaufsmonitoring und Prozessgestaltung in enger Kooperation mit den Klienten. Wir möchten Vernetzung und Entwicklung anregen, u.a. durch Fallkonferenzen, Intervisionstage und Erfahrungsaustausch.

Ganz im Sinne einer zirkulären Veränderungslogik komplexer Systeme beeinflusst die Therapie- und Beratungspraxis das Prozessfeedback, und umgekehrt bereichern Monitoring und Feedback die Praxis und verschränken sich mit dieser in einer Weise, dass alle Beteiligten gleichermaßen davon profitieren. Diese Zirkularität ist auch ein Beitrag zu einer praxisorientierten Forschung, die Verläufe und Ergebnisse von Interventionen nicht in künstlichen Settings, sondern eben in der realen Praxis untersucht (ökologische Validität).

In enger Zusammenarbeit mit unseren Mitgliedern und dem schulenübergreifenden SNS-Netzwerk stehen wir als Sprecher der neuen FG für eine produktive Kooperation von Praxis, Forschung und Lehre. Wir hoffen, die therapeutische und psycho-soziale Arbeit bereichern und mit nützlichen Impulsen versehen zu können. Günter Schiepek ist Leiter des Instituts für Synergetik und Psychotherapieforschung an der Paracelsus Medizinischen Privatuniversität Salzburg, Professor an der Ludwig-Maximilian Universität München und Lehrtherapeut der DGSF, Rieke Oelkers-Ax ist Chefärztin des Familientherapeutischen Zentrums Neckargemünd, Rainer Schwing ist Lehrender für systemische Beratung und Supervision sowie Institutsleiter des Praxisinstituts Süd.

Herzliche Grüße

Günter Schiepek, Rieke Oelkers-Ax, Rainer Schwing