Pantoffeltierchen und systemisches Arbeiten

Am 16. Januar 2008 veranstaltete das Institut Praxis einen Fachtag zum Thema „Interaktion und Entwicklung“ – ein Dialog zwischen Maria Aarts und Prof. Dr. Gerald Hüther, zwischen MarteMeo und Neurobiologie. Mehr als 400 Interessenten und Interessentinnen fanden diese Ankündigung spannend und kamen nach Hanau in den Congress Park. Und wahrscheinlich hat niemand von ihnen auf dem Heimweg bereut, dort gewesen zu sein, sondern ist bereichert mit neuen Ideen und Anregungen zu Hause angekommen.

Der Untertitel des Fachtages hätte auch heißen können: Was haben Pantoffeltierchen und systemisches Arbeiten gemein?

Als Rainer Schwing den Fachtag eröffnete, war die hohe Erwartung der Teilnehmerinnen und Teilnehmer, die aus der gesamten Bundesrepublik und dem benachbarten Ausland nach Hanau gekommen waren, deutlich zu spüren.

Maria Aarts eröffnete – in ihrer gewinnenden und begeisternden Art schilderte sie die Entwicklung von MarteMeo und führte in die Arbeitsweise ein. Die beeindruckenden Videoclips zeigten eindrucksvoll die Chancen und Möglichkeiten von MarteMeo, Kinder in ihrer Entwicklung zu unterstützen und gleichzeitig das Potential der Eltern/Bezugspersonen anzuregen. Sie zeigte sehr plastisch, wie sie ihre Methode aus der Beobachtung fröhlicher, gesunder Familien entwickelte und wie diese jetzt zur Unterstützung für belastete Eltern und ihre Kinder genutzt wird. Inzwischen wird MarteMeo in der Jugendhilfe, Schule, Altenarbeit, ja selbst im Managementtraining eingesetzt.

Gerald Hüther zeigte, wie Neurobiologie und pädagogische/beraterische Praxis sich gegenseitig entwickeln und bereichern können. Am Beispiel der kleinen Pantoffeltierchen verdeutlichte er, wie klug selbst diese kleinen Tierchen sind, wenn sie in zwei unterschiedlichen Umgebungen Fähigkeiten entwickeln, die ihnen alleine aber nicht helfen zu überleben, und wie klug sie sich dann mit den anderen Pantoffeltierchen zusammentun, um einen weiteren Entwicklungsschritt machen zu können. Er zeigte in seinem Vortrag, welche Möglichkeiten die neurobiologischen Forschungsergebnisse für die Pädagogik und Beratung eröffnen und wie sich ihre Praxis verändern muss. Hüther präsentierte, wie die Gehirnentwicklung bereits vorgeburtlich angestoßen wird und wie sie dann durch die Interaktionen nach der Geburt wesentlich geformt wird. In seiner bildlichen Sprache versteht er es, neurowissenschaftliche Forschung verständlich zu machen und pragmatische Folgerungen zu entwickeln, wie Kinder unterstützt werden können.

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Am Nachmittag wurde dann das Beispiel der Pantoffeltierchen zur Tagungsrealität. Maria Aarts und Gerald Hüther zeigten im Duett, wie fruchtbar ein kooperatives Miteinander sein kann. Maria Aarts zeigte an Hand von drei Fallbeschreibungen – einer jungen Mutter mit ihren Baby, einem 11-jährigen autistischen Kind und einem 16-jährigen Jugendlichen, der in seiner Pflegefamilie nicht kommunizieren kann – wie wirkungsvoll MarteMeo ist und welche Verbesserungen durch die Arbeit erzielt werden. Gerald Hüther unterstützte diese Darstellung durch Ergänzungen und Erklärungen aus der Neurobiologie, zeigte, was wie wirkt und was Kinder und Jugendliche brauchen.

Durch die enge Verknüpfung der beiden Präsentationen wurde deutlich, wie eng beide Arbeitsgebiete sich gegenseitig befruchten und bereichern können. Die gegenseitigen Kommentare und Anmerkungen zeigten auch, wie viel Freude es den Referenten machte, sich gegenseitig zu ergänzen und zu befruchten – eben wie bei den Pantoffeltierchen. Die Energie und Begeisterung der beiden Vortragenden sprang immer wieder zum Publikum über und die Freude des Publikums animierte die Referenten.

Eine Veranstaltung wird aber nur dann wirklich gut, wenn die Organisation unaufgeregt läuft, für Essen (das Mittagessen war ein Genuss) und Trinken gesorgt ist und die Teilnehmer sich willkommen fühlen. Für all das hat das Vorbereitungsteam gesorgt.

Als Rainer Schwing sich um 17 Uhr bei den Referenten bedankte und den Fachtag beendete, war der anhaltende Beifall der Teilnehmerinnen und Teilnehmer nur ein äußeres Zeichen für den angestoßenen Entwicklungsprozess beim Publikum.

Reinert Hanswille

FachtagJanuar07Hanau

Der Andrang war groß; Maria Aarts und Gerald Hüther in der 1. Reihe, Rainer Schwing stehend