Fachgruppe Trauma und System

Die DGSF-Fachgruppe „Trauma und System“ engagiert sich für die Verbindung systemischer Perspektiven mit traumasensiblem Arbeiten. Fachkräfte aus unterschiedlichen psychosozialen Arbeitsfeldern tauschen sich hier über praxisrelevante Ansätze aus, entwickeln Konzepte weiter und setzen Impulse für fachliche Diskurse rund um Trauma, Traumafolgen und systemische Interventionen. Ziel ist es, traumainformiertes Handeln in Beratung, Therapie, Supervision und Organisationen zu stärken. Bei Interesse an einer Mitarbeit in der Fachgruppe nehmen Sie bitte Kontakt zu den Sprechern auf!

Trauma betrifft mehr als einzelne Personen

Bereits bei Gründung der Fachgruppe (Frühjahr/Sommer 2010) war es ein besonderes Anliegen die beiden Anteile 'Trauma & System' im Namen zu tragen. Eine spezifische Beschäftigung mit Traumaerlebnissen sollte nicht auf einzelne betroffene Menschen beschränkt sein, die Traumata erlebt und entsprechende Folgen im Leben zu intgrieren haben. Verbindungen zu grundlegenden systemischen Überlegungen bezüglich der Wirkungen von Traumata und existenziellen Stresseerleben über Einzelpersonen hinaus, also auch in umliegende Systeme, sollte von Beginn an in der Bezeichnung der Fachgruppe deutlich werden. Sich daraus resultierenden Erweiterungen von Betrachtungsperspektiven finden sich in den Fachdialogen der Treffen wieder. In der gemeinsamen Beschäftigung mit sehr differenzierten Themenblöcken wurde sichtbar, dass eine systemische Sichtweise auf Traumata, sowie andere intensive Stresserlebnisse, nicht bei einer einzelnen Person enden kann und darf.

Traumabezogene Themenfelder

Wir haben uns mit Wirkungen und Auswirkungen von Traumata und überwältigenden Lebensereignissen aus systemischer Sicht in unterschiedlichsten Kontexten befasst. Eine kleine Auswahl der Themen bei Treffen (Präsenz und online), sowie bei Tagungen der DGSF: Traumaerlebnisse und deren Folgen bei Einzelpersonen und jeweils aktualisierten Entwicklung von diagnostischen Einordnungen (ICD und DSM); Parentale Traumata (Auswirkungen auf Eltern- und Familienebene); Traumafolgen in beruflichen Kontexten (z. B. Umgang nach Suiziden in Verkehrsbetrieben, traumaspezifische Arbeit nach Übergriffen in Einrichtungen) Wirkung von sekundären Traumata (z. B. Traumafolgen bei Mitarbeitenden in KZ-Gedenkstätten); Begleitung von traumatisierten Personen in Wohneinrichtungen und Auswirkungen auf dortige Teams, Führungskräfte, Organisation und Sozialraum; Geopolitische Traumata und deren Folgen ( z. B. im Zusammenhang mit den Phänomenen der großen Anzahl von flüchtenden Menschen); Soziopolitische Traumata in verschiedenen Gesellschaftsformen; Beratung und Begleitung von Personen mit transgender Hintergrund; Wirkungen und Auswirkungen des Istanbul-Protokolls; Diskussion und Dialog zur Übertragbarkeit von Methoden in den systemischen traumaspezifischen Beratungsalltag, hier z. B. EMDR, Arbeit mit Kinderfachbüchern, Somatic Experiencing, Ego State Arbeit.

In der Gesamtentwicklung wurde deutlich, dass eine systemische Sicht auf Traumata und deren Folgen Auswirkungen in Arbeits- und Verantwortungsbereiche der gesamten Gesellschaft hat. Zu nennen wären beispielsweise auf Ebene der Politik deren Akteure, die veranwortlich sind für die Schaffung von strukturellen und finanziellen Rahmenbedingungen, sowohl im bundespolitischen, wie auch im kommunalen politischen Raum (u. a. Verantwortung zur Verminderung von struktureller Gewalt durch mangelnde Ausstattung mit Finanzen und somit Personal). Bezieht man sich am anderen Ende eines Kontinuums der Kontexte auf einzelne Personen, z. B. im psychosozialen Umfeld, ist es erforderlich sich zum Beispiel mit dem Themenbereich einer traumasensiblen Sprache ebenso auseinanderzusetzen, wie mit konkreten Verhaltensschritten im Kontaktbereich zu Betroffenen (z. B. gesunde Regulation von Nähe und Distanz).

Gelebte Praxis: Trauma und Traumafolgestörungen betreffen viele Menschen

Renate Jegodtka und Peter Luitjens beschreiben dies wie folgt (Kontext Band 56, 1/2025, Seite 102): "Inzwischen gibt es eine Vielzahl traumasensibler systemischer Interventionen, die sich in der Praxis als hilfreich erwiesen haben. Sowohl in Weiterbildung1 wie auch in Traumafachberatung und Supervision begegnen uns Kolleg:innen, die mit traumatisierten Menschen arbeiten: Erzieher:innen, Sozialarbeiter:innen, Ärzt:innen, Lehrer:innen, Altenpfleger:innen und andere Professionelle aus verschiedenen psychosozialen, pädagogischen und medizinischen Berufsfeldern. Sie setzen sich damit auseinander, was Trauma mit ihren Klient:innen, mit der Organisation, in der sie arbeiten und mit ihnen selbst macht. Ohnmacht, Unsicherheit und oft auch Trauer oder Wut werden spürbar. Dabei begegnete uns als häufige Vorannahme für hilfreiche Veränderungen, dass hier mit Sicherheit nur ausgebildete Traumatherapeut:innen wirksam werden sollten.

Dementsprechend äußerten viele Kolleg:innen: „Die traumatisierten Kinder, Jugendlichen oder Erwachsenen benötigen Traumatherapie, wir selbst können oder dürfen nichts machen. Wir könnten etwas falsch machen, den Klient*innen schaden“.

Allerdings: Die Menschen, die Überwältigendes erlebt haben, reagieren in ihrem Alltag: sie ziehen sich zurück, dissoziieren, werden aggressiv, verletzen sich – erleben sich selber in ihrem Alltagshandeln als mehr oder weniger inkompetent – und werden mit entsprechenden Reaktionen ihrer Umwelt konfrontiert. Die Begegnung mit den traumaspezifischen individuellen Reaktionen derjenigen, die nach dem Überleben von Gewalt auf ihre Weise weiterleben, erfordern aktives Handeln von den Professionellen, die sie im Alltag begleiten. In dieser Situation benötigen die Fachkräfte für ihre Handlungssicherheit ein fundiertes Verständnis der Folgen von Trauma und Gewalt und die Kenntnis von traumasensiblen systemischen Interventionen. In der Beratung von geflüchteten Menschen, in Frauenhäusern und Beratungsstellen für Frauen, in psychiatrischen Kontexten, in der Kinder- und Jugendhilfe, kurz – überall dort, wo systemische Berater:innen bzw. systemische Therapeut:innen Menschen begleiten, ist zusätzlich zu systemischer Beratungs- bzw. therapeutischer oder supervisorischer Kompetenz auch und insbesondere systemische Traumakompetenz angebracht."

Weiterbildung in Systemischer Traumaarbeit in Planung

In der Fachgruppe Trauma & System der DGSF sind wir im Dialog zur Erkenntnis gekommen eine Weiterbildung in explizit systemischer Traumaarbeit aktiv zu unterstützen. Dies wird insbesondere dem Anliegen an und dem Auftrag der Fachgruppen in der DGSF gerecht, die Förderung der Entwicklung fachlicher Standards im Tätigkeitsfeld der Fachgruppe, zu ermöglichen (Satzung der DGSF unter § 12,1 Fachgruppen und Fachgruppenrat).

Konkrete nächste Schritte: Termin am 12. Juli 2025

Wir beschäftigten uns seit längerem mit dem Themenkomplex einer eigenständigen systemische Weiterbildung in 'Systemischer Traumaarbeit'. Nächste Schritte der Konkretisierung hierzu stehen an. Ein ganztägiger Termin wird am Samstag, den 12.07.2025, in der Geschäftsstelle in Köln, stattfinden. Hierzu sind alle Interessierten herzlich eingeladen. Im bisherigen Prozess haben wir festgestellt, dass Rückmeldungen der Praktiker vor Ort ebenso wichtig sind, wie Hintergründe von erfahrenen Kollegen aus dem Fort- und Weiterbildungsbereich.

Wir bitten um kurze Rückmeldung zur Teilnahme per eMail an die folgende Adresse: Fachgruppe-Trauma@dgsf.org

Zum Innehalten

Renate Jegodtka und Peter Luitjens beschreiben zudem die Auswirkungen von Traumata und existenzieller Bedrohung wie folgt (Kontext Band 56, 1/2025, Seite 101): " ... in einer Zeit, in der Gewalt im physischen sozialen Nahraum und in der digitalen Sphäre zunimmt, in der Kriege und ihre Folgen erschüttern, in der Schutzsuchenden an Grenzen notwendige Hilfen verweigert werden, zeigt sich, dass die Welt zu einem verunsichernden Ort werden kann und für viele Menschen bereits geworden ist. Psychosoziale, ebenso wie soziopolitische Gewalt setzt einen Prozess in Gang, der auf verschiedenen Systemebenen destruktiv wirkt. Er zerstört soziale Beziehungen, lässt Familien und andere soziale Gemeinschaften auseinanderbrechen und erhöht das Risiko erneuter Gewalt.

Trauma als Erfahrung existenzieller Bedrohung bleibt folglich nicht auf das Individuum beschränkt, sondern wirkt in das unmittelbare soziale Umfeld hinein (und ggf. darüber hinaus) – und als rekursiver Prozess auf das Individuum zurück. In psychosozialen Arbeitsfeldern ebenso wie in medizinischen Kontexten begegnen systemisch arbeitenden Fachkräften die Auswirkungen dieser Folgen überwältigender Lebensereignisse."

Wie organisieren wir uns und wer kann dabei sein?

In der Fachgruppe setzen wir uns damit auseinander, wie wir als professionell Unterstützende in diesen besonderen Zeiten und Umständen sowohl selbst gesund bleiben können, wie auch anderen Fachleuten Bausteine für die eigene Gesundheitsbalance mit auf den Weg geben können. Unsere Treffen finden in der Regel in Präsenz statt.

Zu den Treffen sind alle Interessierten Kolleginnen und Kollegen eingeladen. Im Sinne der Philosophie der Fachgruppen in der DGSF sind keine 'Eingangsvoraussetzungen' festgelegt. Bei den Präsenztreffen legen wir Wert darauf, dass die Gruppe der Anwesenden in einen guten Status der Synchronisation kommen.

Informationen zu den Treffen werden über einen eMail-Verteiler zur Verfügung gestellt.

Kontakt zur Fachgruppe

Sprecher: Gerhard Bergmann, stv. Sprecher: Georg Endres
E-Mail: fachgruppe-trauma|at|dgsf.org

Fachgruppentermine in 2025/2026

11. Juli 2025 - 11. Juli 2025

Fachgruppe Trauma und System

Fachgruppentreffen zum Thema "Traumaspezifische Weiterbildung" am 12. Juli 2025 in Köln

8. Januar 2026 - 10. Januar 2026

Treffen der Fachgruppe Trauma und System

Herzliche Einladung zum Präsenztreffen nach Köln!

Aktuelle Aktivitäten

Bildmaterial: Anne Wilk und Lukasz Bak, Alamode Film

Seit 2011 trifft sich die Fachgruppe regelmäßig ein- bis zweimal jährlich in Präsenz und bei Bedarf im Online-Modus. Zu den Treffen sind alle Mitglieder der Fachgruppe und andere Interessierte willkommen. Die Weitergabe von Informationen zur Planung von Treffen erfolgt über Info-Mails im Verlauf des Jahres. Bei Interesse bitte in den Verteiler aufnehmen lassen.

Stellungnahme der Fachgruppe zur derzeitigen Flüchtlingsthematik

Die Fachgruppe Trauma und System bezieht Stellung zur derzeitigen Diskussion über Flüchtlinge und ehrenamtliche Helfer und hat eine Stellungnahme (Februar 2016) veröffentlicht.

Rückblick auf vergangene Aktivitäten

Treffen im Rahmen der DGSF-Jahrestagung 2022 in Dresden

Die Fachgruppe Trauma und System hat sich wie geplant im Rahmen der Jahrestagung in Dresden im September 2022 in Präsenz getroffen.

Die Runde zum Kennenlernen wurde als Einstieg mit dem Thema „Traumasensible Sprache“ verknüpft. Georg Endres, Renate Jegodtka und Peter Luitjens sorgten mit einem kurzen Input für den Fokus zum hochkomplexen Thema. In der leider viel zu kurzen Zeiteinheit wurde gemeinsam festgestellt, dass nicht nur die Sprache traumasensibel sein sollte, sondern die gesamte Kommunikation.

Renate und Peter wiesen zudem auf ihr neu erschienenes Kinderbuch „Stine verstummt“ hin. Dieses beschäftigt sich mit dem aktuellen Thema Mobbing unter Kindern.

Bei der Wahl der Fachgruppensprecher wurden Gerhard Bergmann (Sprecher) und Georg Endres (Stellvertretende Sprecher) in ihren Ämtern bestätigt.

Protokolle

Die Fachgruppe traf sich am 6. Januar 2018 in Köln. Elfie Cronauer hielt als Gast einen Vortrag über Ego-State-Arbeit. Das Protokoll zum Treffen steht nun online.