Informationen über familien-, jugend- und sozialpolitische Aktivitäten der DGSF
„Hingeschaut!“: Familienperspektiven im Fokus der aufsuchenden Hilfen
Die digitale Veranstaltungsreihe „Hingeschaut!“ der DGSF ging am 10. März 2025 in die nächste Runde. Beim 4. Online-Fachtag stand die Perspektive der Familien in den aufsuchenden erzieherischen Hilfen im Mittelpunkt.
Tagungsbericht „Hingeschaut 2025: Helfen Hilfen? am 10. März 2025
Online-Fachtag im Rahmen eines politischen und fachlichen Qualitätsaufrufs für die aufsuchenden Erziehungshilfen in Familien
Auch der mittlerweile 4. Fachtag der DGSF-Reihe „Hingeschaut“ war mit knapp 300 Teilnehmenden wieder gut besucht. In diesem Jahr wurde die Perspektive der Familien in den aufsuchenden erzieherischen Hilfen in den Fokus genommen.
- Was an den Hilfen erleben Eltern und junge Menschen hilfreich und was nicht?
- Wie werden sie mit ihren Sichtweisen, Interessen und Wünsche beteiligt und welche Chancen entstehen, wenn die Erfahrungen und Ideen der Familien in die Weiterentwicklung der Qualität der aufsuchenden Erziehungshilfen einbezogen werden?
- Und welche Unterstützung brauchen Eltern zur Organisation von Selbstvertretungen?
Eltern und junge Menschen waren als Teilnehmende eingeladen, ihre Erfahrungen und ihren Blick auf Fachkräfte zur Verfügung zu stellen. Qualifizierte Hilfen brauchen, um tatsächlich wirksam zu sein, einen verbindlichen reflexiven Dialog zwischen allen Beteiligten, der die Nutzer*innnen der Hilfen auf Augenhöhe einbezieht in die Fragen „Was sind Ziele, was ist hilfreich und wie gehen wir miteinander um“.
Ob und wie die Beteiligung von Familien in der Praxis erfolgt ist auch abhängig davon, welche theoretischen Konzepte Fachkräfte für ihr Handeln heranziehen. In einem ersten viel beachteten Vortrag „Die Abgründe der Bindungstheorie. Einige Überlegungen zur Vielfalt von Familien“ warf Prof. Dr. Heidi Keller einen kritischen und internationalen Blick auf die Bindungsforschung, die im Kontext der Frühpädagogik, in den Erziehungshilfen und zur Begründung von Sorgerechtsentscheidungen in Deutschland eine wesentliche Rolle spielt, in der Realität aber nach Ansicht Kellers an der Vielfalt der Lebenswirklichkeiten vieler Familien und Kinder vorbei geht. Viele Kommentare im Chat zeigten, dass es der Referentin gut gelungen ist, die Teilnehmenden zu einem Perspektivwechsel auf die Bindungstheorie einzuladen.
In einem zweiten praxisnahen Vortrag „Erlebensperspektiven von Eltern in den Hilfen zur Erziehung - Konsequenzen für die Hilfen und zur Unterstützung von Selbstorganisation“ ging Prof. Dr. Nicole Knuth mit vielen Fallbeispielen den Fragen nach, was die Basics gelingender Hilfen sind und wie Fachkräfte Eltern so stärken können, dass die Bereitschaft für wirkliche Veränderung entsteht. Darauf aufbauend stellte sie die Ergebnisse eines Praxisentwicklungsprojekts vor, in dem gemeinsam mit Eltern und Fachkräften Bedarfe und Interessen bezüglich einer Elternselbstvertretung erarbeitet wurden, die bislang in Deutschland noch nicht existiert.
Zudem wurden in einem dritten Vortrag von Prof. Dr. Holger Ziegler und Barbara Richters Zwischenergebnisse der ASUEVA-Studie (Aufsuchende- Familienhilfe-Evaluation) mit dem Fokus auf die Adressatenbilder von Fachkräften vorgestellt.
Die relevanten Fragen wurden während des Fachtags immer wieder gemeinsam mit Eltern und jungen Menschen u.a. in einem Reflecting Team erörtert und mit ihren Erfahrungen in Verbindung gebracht. In einer Workshop-Phase konnten die Familien wählen zwischen einem eigenen digitalen Vernetzungsangebot mit anderen Familien oder der Teilnahme an Workshops mit Fachkräften zum Thema Elternbeteiligung und Selbstvertretung.
In einem reflektierenden Fishbowl waren insbesondere die Gedanken und Empfehlungen der Expertinnen des Lebens mit ambulanten Erziehungshilfen für die teilnehmenden Fachkräfte nachdrücklich berührend. Die von einem jungen Menschen geäußerte Erfahrung, dass Fachkräfte Erfolge der Hilfe immer mit der eigenen „guten Arbeit“ in Verbindung bringen, das Scheitern von Hilfen aber in der Verantwortung der Familie sehen, war für die Anwesenden ein aufrüttelnder Perspektivwechsel, der noch lange nachdenklich macht.
Die Empfehlungen der Familien, Videomitschnitte und die von den Vortragenden zur Verfügung gestellten Materialien zu diesem gelungenen Fachtag finden Sie unter https://www.erklaerstudio.de/hingeschaut2025 .
Der nächste Fachtag in der digitalen Hingeschaut-Reihe -auch wieder mit einer Beteiligung von Eltern und jungen Menschen- findet am 2. März 2026 statt.
(Birgit Averbeck)